Das Neue gestalten statt Gewohntes verwalten: Über die unkonventionellen Ansätze des leidenschaftlichen Unternehmers Mike Fischer.
Mike Fischer ist bekannt dafür, dass er keinen Stein auf dem anderen lässt. Der Unternehmer aus Gera stellt das, was man kennt, immer wieder infrage und verändert es so, wie es sinnvoller erscheint. Die Basis dieser konsequenten Innovationsorientierung? Während Audi in einem Werbeslogan von „Vorsprung durch Technik“ spricht, rückt Mike Fischer den „Vorsprung durch Ideen“ in den Fokus. Schließlich geht jeder neuen Technik immer eine neue Idee voraus. Weiter gefasst: Jede Kostensenkung, Effizienzsteigerung, Prozessoptimierung, jedes neue Produkt oder Projekt, Geschäftsfeld oder Marktsegment beginnt mit einem schlauen Gedanken. Ideen, so das Credo von Mike Fischer, sind der Rohstoff des Erfolges. Und: „Innovation sind keine Garantie für Erfolg. Aber ohne Innnovation ist Erfolglosigkeit garantiert.“
Doch der Reihe nach. In der Wendezeit hat Mike Fischer im thüringischen Gera eine Fahrschule gegründet. Letztlich ist die Fischer Academy GmbH heute, 30 Jahre später, immer noch eine Fahrschule. Aber längst ist sie anders als alle anderen. Aus einem 08/-15-Betrieb ist ein in Deutschland einzigartiges Fahrschulzentrum geworden. Unter dem Motto „Wir machen Fahrenlernen einfach frischer“ ist das Fischer-Dorf entstanden, mit Internat, Pizzeria, Lern- und Begegnungsstätte, mit Videotrainings und Fahrsimulatoren, all das für PKW, LKW und speziellen Gefahrguttransport. Die Fischer Academy vertreibt ein hauseigenes Videotraining und, auch das einzigartig, bundesweit einlösbare Fahrschulgutscheine. Daneben hat Mike Fischer ein zukunftsorientiertes Kompetenzzentrum für Autonomes Fahren aufgebaut. Bei dem in Zusammenarbeit mit einem örtlichen Immobilienunternehmen entstandenen Pilotprojekt soll ein selbstfahrender Pendelbus vor allem für ältere Mieter die vielbeschworene „letzte Meile“, den Weg zwischen Bushaltestelle und Haustür, verbinden. Kurzum: Die Fischer Academy hat sich nie im Gewohnten eingerichtet, im Gegenteil. „Wir stehen glänzend da, weil wir den Motor angeworfen haben und bereit waren, uns weiterzuentwickeln“, sagt Mike Fischer. Das bestätigen auch andere. So ist die Fischer Academy GmbH schon zwei Mal als eines der innovativsten mittelständischen Unternehmens Deutschlands mit dem TOP 100-Qualitätssiegel ausgezeichnet worden.
Wie aber wird und bleibt man innovativ? Das Besondere ist, dass Mike Fischer nur den kleinsten Teil der Veränderung, die sein Unternehmen vorangebracht haben, eigenen Ideen zuschreibt. Auch teure Berater von außen spielen keine Rolle. Stattdessen setzt er voll auf das, was er den „Goldschatz der Mitarbeiterideen“ nennt. Denn die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind es, die sich mit und in ihren Arbeitsbereichen am besten auskennen. Sie wissen, was gut läuft und wo es harkt. „Unterschätzen Sie nie den großen Ideen- und Einfallsreichtum der eigenen Leute, von der Führungs- bis zur Reinigungskraft“, rät Fischer. Natürlich zündet nicht jede Idee. Aber bei einer offenen Ideenkultur und einem guten Ideenmanagement können auch zunächst unscheinbar daherkommende Anstöße echte Türöffner werden. „Erfolg ist selten Ergebnis der einer großen Idee. Er ist das Ergebnis eines Ideenstroms, in dem eine Innovation die nächste nach sich zieht.“
Wie aber kommt man an die Ideen aus dem eigenen Haus? Wie hebt man den Goldschatz? Viele deutsche Unternehmen scheinen es nicht einmal zu versuchen. Vor zwei Jahren kam eine Studie zu einem dramatischen Befund: Ihr zufolge erhalten Dienstleistungsunternehmen in Deutschland im Durchschnitt 0,3 Ideen pro Mitarbeiter. Nicht pro Monat, sondern pro Jahr! In der großen Masse der Dienstleistungsunternehmen bringt ein Mitarbeiter sogar im Jahr nur 0,07 Ideen ein. Anders ausgedrückt: In diesen Betrieben braucht ein Mitarbeiter im Schnitt 14 Jahre, um seinem Vorgesetzten einen Vorschlag für eine Verbesserung zu machen. Mike Fischer zufolge hat das Gründe. „Wenn man glaubt, es würde reichen, einfach mal die Mitarbeitenden zu fragen, ob sie vielleicht eine Idee haben, wird man scheitern – mit Garantie.“ Zündende Ideen werden nur dann aufkommen und verwirklicht, wenn die Unternehmenskultur genau das fördert und ermöglicht. Das aber setzt grundlegende Weichenstellungen voraus.
„Die beste Idee, die ich als Unternehmer je hatte, war diese: Ich vertraue meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und beziehe sie ohne Ausnahme aktiv in die Weiterentwicklung des Unternehmens ein.“ In seinen Büchern beschreibt Mike Fischer ausführlich, wie er im Laufe der Zeit sein Selbstverständnis als Unternehmer umgekrempelt hat: von einem Chef, der glaubte, alles kontrollieren, wissen und entscheiden zu müssen, zu einem, der sich vor allem darum kümmert, die Potenziale seiner Mitarbeiterschaft zur Entfaltung zu bringen. Längst setzt er konsequent auf eine moderne Wir-Kultur, flache Hierarchien und ein wertschätzendes Miteinander. „Anders als früher lasse ich meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter viele Entscheidungen selbst treffen. So fordere und fördere ich sie, von ausführenden Arbeiterinnen und Arbeitern zu kreativen Mitgestaltern zu werden. Was ich dafür bekomme sind Loyalität, Einsatz – und einen unendlich wertvollen Schatz an Anregungen und Verbesserungsvorschlägen.“
Dass eine Wir-orientiere Unternehmenskultur und wirtschaftlicher Erfolg kein Widerspruch sind, sondern zwei Seiten einer Medaille, liegt für ihn auf der Hand: „Jeder fühlt sich doch dann am wohlsten, wenn er seine Potenziale entfalten kann. Und glückliche Mitarbeiter lösen Probleme besser als unglückliche. Sie sind weniger krank, haben bessere Ideen und verbreiten bessere Stimmung im Team und bei den Kunden – und das zahlt sich aus, für alle.“ Die große Herausforderung besteht also darin, dass man als Unternehmer bereit sein muss, loszulassen, Kontrolle auf- und abzugeben. Das mag nicht einfach sein. Aber Mike Fischer ist überzeugt: „Nur Unternehmen, denen es gelingt, bedingungsloses Vertrauen zu schenken, werden mit den Herausforderungen der Zukunft umgehen können. Und ob Fahrschule, Gastronomiebetrieb, Gesundheitsdienstleister oder Immobilienunternehmen: Überall gibt es Luft nach oben.“ Um die Potenziale zu realisieren, muss man bereit sein, Neues zu wagen und, was Mike Fischer vorlebt, immer wieder jeden Stein umzudrehen.
Mike Fischer betreibt im Stadtzentrum von Gera das Fischer-Dorf und die Fischer Academy. Seine unkonventionellen Ansätze vermittelt der mehrfach ausgezeichnete Unternehmer in Seminaren, Vorträgen und Büchern „Erfolg hat, wer Regeln bricht“ (2014), „Erfolg hat, wer mit Liebe führt“ (2019) und „Umdenkfabrik – Wie Sie den Goldschatz der Mitarbeiterideen bergen“ (2020).
Mike Fischer ist seit 30 Jahren unkonventioneller und leidenschaftlicher Unternehmer. Mit der Gründung des ersten deutschen Fahrschulinternats hat er die Regeln einer ganzen Branche bereits vor Jahren gebrochen. Es folgen verschiedene weitere Unternehmungen, in denen er neue Konzepte erprobte, so eröffnete er 2017 mit seinem Team das kleinste Dorf Deutschlands, mitten im Stadtzentrum von Gera. Inzwischen ist er zum umtriebigen Multiunternehmer avanciert. Als Überflieger und Erfolgsredner strebt er immer weiter – und ist zugleich bodenständiger Familienmensch, der nicht mehr verdient als die meisten Angestellten seiner Firmen. Und vielleicht das Wichtigste: Er lebt nachweislich vor, was er erzählt.